Briefmarathon

Am 10. Dezember 1948, also vor 70 Jahren, wurden von den Vereinten Nationen die Menschenrechte verkündet. Anlässlich dieses Tages setzen sich wieder weltweit Menschen mit Appellschreiben für ausgewählte Amnesty-Einzelfälle ein. Diejenigen, die für die Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, werden in diesen Tagen mit Briefen aus aller Welt überschwemmt.
Die Würzburger Amnesty-Gruppe wird am Freitag, 7. Dezember, 10-17 Uhr, in der Würzburger Stadtbücherei bei einem Infostand Appellbriefe zugunsten folgender 3 Fälle bereitlegen:

IRAN: ATENA DAEMI

Atena Daemi war so mutig, auf Facebook und Twitter die hohen Hinrichtungszahlen im Iran zu kritisieren. Sie verteilte Flugblätter gegen die Todesstrafe und nahm an einem friedlichen Protest gegen die Hinrichtung einer jungen Frau teil. Ein Gericht sah darin „Beweise“ für Straftaten und die Abkehr vom Islam. Es verurteilte Atena Daemi in einem unfairen Prozess zu sieben Jahren Haft. Atena Daemi wurde in der Haft geschlagen, mit Pfefferspray traktiert und 51 Tage in Einzelhaft genommen. Trotzdem lässt sie sich nicht davon abbringen, ihre Menschenrechte zu verteidigen. In einem Brief aus dem Gefängnis schrieb sie: „Meine Stimme kann durch grausame und ungerechte Handlungen nicht zum Schweigen gebracht werden.“ In diesem Jahr trat sie in den Hungerstreik, um gegen die Verurteilung ihrer „in Sippenhaft genommenen“ Schwestern zu protestieren.
Atena Daemis Gesundheitszustand hat sich in der Haft dramatisch verschlechtert. Sie leidet an Schwindel, Erbrechen, Blutdruckschwankungen und Nierenschmerzen. Die Gefängnisbeamt_innen gewähren ihr jedoch keine angemessene Gesundheitsversorgung.

BRASILIEN: MARIELLE FRANCO

„Sie war furchtlos, sie hat sich nie versteckt und stand immer an vorderster Front.“ So schildert Marielle Francos Vater seine Tochter. Die beliebte Kommunalpolitikerin wuchs in einem Armenviertel von Rio de Janeiro auf und kämpfte gegen soziale Ungerechtigkeit und Gewalt in der Stadt. Sie prangerte rechtswidrige Tötungen von Polizei und Militär an und kämpfte für die Rechte von schwarzen Frauen, jungen Menschen, Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen. Am 14. März 2018 erschossen Unbekannte die Stadträtin und ihren Fahrer, Anderson Pedro Gomes, in ihrem Auto. Vieles deutet darauf hin, dass der Mord von Profis verübt wurde. Die Munition stammte nach Einschätzung von Experten aus dem Arsenal der Bundespolizei. Wer sich in Brasilien für die Menschenrechte engagiert, riskiert sein Leben. 2017 wurden mindestens 70 Aktivistinnen und Aktivisten getötet. In vielen Fällen gibt es keine Ermittlungen, und die Verantwortlichen werden nicht zur Rechenschaft gezogen.

KENIA: SENGWER

Die indigene Bevölkerungsgruppe der Sengwer lebt seit Jahrhunderten im Embobut-Wald. Die Behörden gehen jedoch seit Jahren massiv gegen die Sengwer vor, angeblich um den Wald zu schützen. Seit 2012 haben Angehörige der Forstverwaltung und der Polizei schätzungsweise 2.600 Häuser der Sengwer im Embobut-Wald niedergebrannt; dabei verloren etwa 4.600 Menschen ihr Zuhause. Anfang 2018 erschossen Waldhüter sogar einen Sengwer, ein weiterer wurde schwer verletzt. Die Lebensgrundlagen und die kulturelle Identität der indigenen Bevölkerungsgruppe sind bedroht. Sengwer, die bereits aus dem Wald vertrieben worden sind, leben häufig in Armut. Besonders betroffen sind Frauen, die allein für das Überleben der Familie sorgen müssen, weil ihre Männer im Wald geblieben sind. Und das gewaltsame Vorgehen der Behörden hält an, obwohl Gerichte mehrfach angeordnet haben, dass die Sengwer geschützt werden müssen.